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Zum Bistum Lebus . . . |
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Zwischen Ost-Europa und West-Europa : das ehemalige Bistum Lebus ...
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Theodor Fontane, der »Wanderer durch die Mark Brandenburg« schreibt über einen Besuch in Lebus:
"Das Boot liegt in der alten Bischofsstadt Lebus an. Freilich die alte Kathedrale, das noch ältere Schloß sind hin, und eines Lächelns kann man sich nicht erwehren, wenn man in alten Chroniken liest, daß um den Besitz von Lebus heiße Schlachten geschlagen wurden, daß hier die slawische und die germanische Welt, Polenkönige und thüringische Herzöge, in heißen Kämpfen zusammenstießen, und daß der Schlachtruf mehr als einmal lautete: Lebus oder der Tod.
Unter allen aber, denen dieser Schlachtruf jetzt ein Lächeln abnötigt, stehen wohl die Lebuser selbst obenan.
Ihr Stadtsiegel ist ein Wolf mit dem Lamm im Rachen; die neue Zeit ist der Wolf und Lebus selbst ist das Lamm. Mitleidslos wird es verschlungen.
Lebus, die Kathedralenstadt, ist hin, aber Lebus, das vor dreihundert Jahren einen fleißigen Weinbau trieb, existiert noch. Wenigstens landschaftlich. Nicht daß es noch Wein an seinen Berglehnen zöge, nur eben der malerische Charakter eines Winzerstädtchens ist ihm erhalten geblieben."
Manche alte Stadt hat ihren 'historischen' Eindruck verloren. Doch die Geschichte schreibt in Ruinen ihren Bericht. So verkünden die vielen wüsten Plätze der Stadt Lebus von den Ruinen der jüngsten Vergangenheit. Die Oder war im zweiten Weltkrieg lange Zeit Kampflinie.
Wie in alten Zeiten...
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966 |
Nach dem Abzug germanischer Stämme in der Völkerwanderung besiedelten Slawen die freigewordenen Länder zwischen Elbe und Oder in losen Stammesverbänden. An der mittleren Oder saßen die Lebuser. Die erste staatliche Zusammenfassung gelang Mieszko I. (960-992) von Gnesen aus. Er heiratete die Böhmenprinzessin Dubrawka und ließ sich 966 taufen. Um nach der Taufe des Herrschers auch im Lande das Christentum einzuführen, bedurfte es einer kirchlichen Institution. Das Bistum Posen wurde 968 gegründet. Es hatte keinen langen Bestand. Im großen Wendenaufstand 983 erfolgte ein Rückschlag, der auch durch die Gründung Gnesens im Jahre 1000 nicht wieder gut gemacht wurde.
Erst in der Regierungszeit Boleslaws III (1106 - 1146), der in ständigen Kämpfen mit Böhmen und Pommern, Magdeburg und Kaiser Heinrich V, sein Gebiet konsolidierte, wurde durch die Gründung des Bistums Lebus eine Ausgangsbasis für weiteres Vordringen nach Norden und Westen geschaffen. Lebus wurde dem Erzbistum Gnesen unterstellt, damit dem Anspruch Magdeburgs entzogen. Eine weitere Ausdehnung nach Westen scheiterte an der aktiven Ostpolitik des Kaisers Lothar; auch für Pommern wurde ein eigenes Bistum installiert (Wollin, später Kammin), das exemt blieb, also Rom direkt, nicht mehr Gnesen, unterstellt wurde. So blieb Lebus das kleinste unter den polnischen Bistümern.
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In dem folgenden Jahrhundert erfolgte die wirtschaftliche und organisatorische Festigung des Bistums. Wir finden die Bischöfe in den verschiedensten Geschäften als Gesandte, Vermittler und Teilnehmer an Synoden genannt. Leider erlaubt uns die desolate Quellenlage nicht, diese Aktivitäten im einzelnen zu verfolgen.
Es ist uns bei den öfteren Zerstörungen der Burg und des Bischofsschlosses von Lebus kein zeitgenössisches Dokument in die Hände gekommen. Bis auf eines, das um so bedeutsamer ist: das Catastrum Lubucense. Es ist etwa im Jahre 1405 auf Veranlassung des Bischofs Johann von Borschnitz aus älteren Urkunden erstellt worden. Darin wird eine Aufstellung der Liegenschaften des Bistums vorgenommen. Sie zeigt nicht nur eine beachtliche wirtschaftliche Tätigkeit, ja einen nüchternen Geschäftssinn der bischöflichen Offizialen. Diese Urkunde ist auch von großem Wert für die Erkenntnis geschichtlicher Vorgänge, wie der Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte.
Hier weisen wir gleich auf ein weiteres Dokument aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts hin, das Missale Lubucense, ein Meßbuch, wie es für den Gottesdienst gebraucht wurde. Im Titelbild ist das Wappen des Bischofs Dietrich von Bülow zu sehen.
Im Meßkanon sind die Abendmahlsworte in deutscher Sprache eingeklebt, ebenso sind Randeintragungen über Ordinationen evangelischer Prediger gemacht. Das Meßbuch war noch in der Reformationszeit in Gebrauch. Das wirft ein Licht auf die Umstände der Einführung der Reformation in Brandenburg.
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Ein besonderer Raum ist dem Leben und Wirken der heiligen Hedwig und des heiligen Adalbert gewidmet. Adalbert war der Schutzpatron des Bistums. (Mittelteil des Flügelaltars der Marienkirche Frankfurt (Oder) - jetzt in der Gertraudkirche) Dass die heilige Hedwig im Bistum besondere Verehrung fand, weist uns auf die Geschichte zurück. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann eine Bewegung, die sich als schicksalhaft für die gesamte Geschichte der beiden Völker, des polnischen wie des deutschen, erweisen sollte.
Deutsche Siedler aus dem Westen wanderten, gerufen von den Grundherrn, in die Länder der Piasten ein. Es waren meist Bauern, denen Siedlungsland zugesagt wurde. So entstanden Dörfer in Gebieten, die erst urbar gemacht werden mussten, Siedlungen 'aus wilder Wurzel', daneben auch Ansiedlung von Bauern in polnischen Dörfern, so dass eine friedliche Nachbarschaft von deutscher und polnischer Bevölkerung entstand. Das ist unter anderem an den Notizen im Catastrum Lubucense, am Nebeneinander von deutschen und polnischen Namen, abzulesen. Die Siedler brachten ihre Erfahrungen im Landbau in das Neuland ein, für die Grundherrn ein beträchtlicher Gewinn. Nicht immer war das Zusammenleben problemlos, wie ein Beschwerdebrief eines Erzbischofs aus Gnesen an den römischen Stuhl zeigt. Er beschwerte sich bitter über Freiheiten, die sich die Deutschen in der Einhaltung der Fastengebote herausnahmen. Nicht nur Bauern zogen nach Osten, auch Handwerker in Städte, die dann nach 'deutschem Recht' umgesetzt wurden. So ergab diese Bewegung Vorteile auf beiden Seiten, war aber für die Zukunft von weitreichender Bedeutung. Eine wichtige Rolle in der Ostbewegung deutscher Siedler spielten die schlesischen Piasten. Sie hatten ohnehin enge Beziehungen zu Lebuser Bischöfen. Beispielsweise urkundete der Lebuser Bischof Lorenz anlässlich der Taufe eines Kindes der Herzogin Hedwig und ihres Gatten, des Herzogs Heinrich von Breslau. Diese 'Ost-West-Beziehungen' waren im Mittelalter als diplomatische oder dynastische Verbindungen gang und gäbe.
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1249 1278 |
Im Jahre 1249 veräußerte der Herzog Boleslaw II von Liegnitz das Land Lebus zur Hälfte an Magdeburg. Die andere behielt er als Lehen, das er vier Jahre später aber an die askanischen Markgrafen von Brandenburg übergab, die dann 1278 den restlichen Teil als Pfand von Magdeburg übernahmen, ein Pfand, das nie eingelöst wurde.
So wurde Lebus brandenburgisch; die Breslauer Piasten klagten: "Herzog Boleslaw veräußerte den Schlüssel des Landes, nämlich Schloss und Territorium Lebus". Die Lebuser Bischöfe gaben die Bindung an das Erzbistum Gnesen bis ins 15. Jahrhundert nicht auf, wie es im kanonischen Recht als Grundsatz gilt, dass Staatsgrenzen Kirchengrenzen nicht verändern. Das Land war ohnehin überwiegend von Deutschen besiedelt.
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1276 |
Einen gewissen Einfluss behielt Magdeburg jedoch. Bischof Wilhelm von Lebus ließ sich im Jahre 1276 durch den Magdeburger Erzbischof Konrad bestimmen, seinen Bischofssitz von Lebus nach Göritz zu verlegen. Dort verblieb er bis zum Jahre 1327.
Nach dem Aussterben der Askanier versuchte der Polenkönig Wladislaw Lokietek das Land Lebus zurückzuerobern. In diesem Überfall wurde das Land stark verwüstet. Der Bischof geriet (höchstwahrscheinlich fälschlich) in den Verdacht, mit den eindringenden Kriegshaufen sympathisiert zu haben.
In einer Gegenaktion ließ der brandenburgische Markgraf durch seinen Lebuser Burghauptmann, Erich von Wulkow, die Stadt Göritz, die Kathedrale und den Bischofshof zerstören. Zwar wurden die an dem Überfall beteiligten Städte mit dem Interdikt belegt, der Lebuser Bischof Stephan aber musste sein Bistum verlassen und starb in Breslau, wo er im dortigen Dom begraben wurde. Erst Bischof Heinrich (1353 - 1366) kehrte in sein Bistum zurück.
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1385 |
In den Auseinandersetzungen der Wittelsbacher, die Herren der Mark geworden waren, mit Kaiser Karl IV kam es zum Kriege (1373), in dessen Verlauf das Lebuser Schloss und die Stadt verwüstet wurden.
Von diesem Schlag erholte sich der Bischofssitz nicht mehr. Das Domkapitel stellte den Antrag, den Bischofssitz nach Fürstenwalde zu verlegen. Das geschah dann im Jahre 1385.
Seitdem residierten die Bischöfe von Lebus in Fürstenwalde, dessen Marienkirche zur Kathedrale erhoben wurde. Der Name aber blieb und auch das Schloss in Lebus, das vor allem den letzten Bischöfen als Wohnsitz diente.
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Bischof Bülow (Bildhauer Götz - Lapidarium Berlin)
Einer der bedeutendsten Bischöfe der vorreformatorischen Zeit war
Dietrich von Bülow (1490 - 1523).
Als 'Humanist der älteren Generation' stand er in lebhaftem Briefwechsel mit Gelehrten seiner Zeit; wir haben ein Lobgedicht Ullrichs von Hutten, der ihn »hehres Haupt des Lebusischen Tempels« nennt.
Als kurfürstlicher Rat stand er im diplomatischen Dienst des brandenburgischen Kurfürsten.
Er gilt als Initiator der Gründung der Frankfurter Universität, deren erster Kanzler er war.
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1598 |
Mit der Einführung der Reformation in Brandenburg unter Kurfürst Joachim II. begann das letzte Kapitel des Bistums.
Der letzte Bischof war Johann VIII Horneburg. Mit seinem Tode 1555 endete die Geschichte des Lebuser Bistums.
Der Name wurde mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Joachim Friedrich (1598) gelöscht. Er trug bis dahin den Titel »Bischof von Lebus«.
(Nach Unterlagen über die Ausstellung 'Bistum Lebus' von Heinz Sucker)
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