Die Bibel berichtet aus der Zeit des wandernden Gottesvolkes: Priester sollen mit Trompeten aus getriebenem Silber die Gegenwart Gottes anzeigen. Seit dieser Zeit (Tausend vor Christus) bis in die Barockzeit (17. Jhd.) dienten die Trompeten und Posaunen innerhalb des kultischen Bereiches. Die Instrumente hatten Symbolgehalt und galten als heilig.
In der weiteren Entwicklung waren nur weltliche und geistliche Fürsten berechtigt, Trompeter anzustellen, um diese Musik zu pflegen. Ihr Erklingen zeigte die Gegenwart des Herrschers an. Die Bläser des hohen Mittelalters gehörten privilegierten Ständen an, die von den gesellschaftlichen Erfordernissen geprägt waren.
Den Boden für die evangelischen Posaunenchöre bereitete die Erweckungsbewegung. Hier konnten die Bläser in der Gemeinde eine Aufgabe finden, die im Zusammenhang einer festgefügten Gemeinschaft und im Gottesdienste lebte.
Unter Graf Zinzendorf sammelten sich Einwanderer aus Mähren in Herrnhut. Diese brachten aus der Heimat ihre Musikalität und zahlreiche Instrumente mit. Erste Anfänge eines geordneten Musizierens mit Blasinstrumenten in der Brüdergemeine lagen im Jahr 1731.
In der Herrnhuter Brüdergemeine wurden folgende Aufgaben eindeutig dem Posaunenchor zugewiesen: Ständchen zu Jubiläen und zur Tröstung in Leid geratener Brüder, Anleitung des Gemeindegesanges, Blasen beim Gottesdienst, Ankündigung von Todesfällen, Blasen während des Trauerzuges, musikalische Begehung des Kirchenjahres, Musizieren bei Umgängen. In der ersten verfassungsgebenden Synode nach Zinzendorfs Tod (1764) heißt es:
"Wo ein Posaunenchor ist, kann man sich dessen bei den Begräbnissen bedienen. Es macht auf die Herzen fremder Leute einen lieblichen Eindruck unserer Hoffnung."
Die Aufgaben der Bläsermusik im geistlichen Leben griffen hundert Jahre später Heinrich Volkening und Eduard Kuhlo auf. Für die Versammlungen im Freien wurde ein Instrument benötigt, welches den Gemeindegesang führen konnte. Das Blechinstrument erschien am geeignetsten.
Unter dem Erweckungsprediger Heinrich Volkening in Jöllenbeck bei Bielefeld und unter der Mithilfe des Grafen von der Recke entstand der erste evangelische Posaunenchor (1843) in den Vollmarsteiner Anstalten der Diakonie.
Pastor Johannes Kuhlo setzte das begonnene Werk seines Vaters fort und brachte die "Posaunenchorbewegung" in Deutschland zur Blüte.
Mit der Herausgabe von Posaunenbüchern, die in vier Bänden erschienen, legte Johannes Kuhlo den Grundstein für ein einheitliches Musizieren der evangelischen Posaunenchöre über die landeskirchlichen Grenzen hinaus. Mit seinem Buch "Posaunenfragen" gab er der wachsenden Posaunenbewegung einen Leitfaden.
Durch Kuhlos Reisetätigkeit, seine große Ausstrahlungskraft und nicht zuletzt durch das über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene Kuhlo-Horn-Sextett gewinnt die "Posaunensache" eine Breitenwirkung in den evangelischen Kirchen.
Die Anfang dieses Jahrhunderts in den verschiedenen Vereinen und Bünden zahlenmäßig stark angewachsenen Chöre schlossen sich 1932 zur "evangelischen Posaunenmission" zusammen, die Johannes Kuhlo leitete. Sein Nachfolger wurde Fritz Bachmann. Unter Fritz Bachmann vollzog sich der Umbruch von der Textbezogenheit des Musizierens zur bläsereigenen Komposition.
Stand bei Johannes Kuhlo noch die missionarische Verkündigung im Vordergrund, so kann man heute erkennen, dass in der heutigen Bläserarbeit auf das musikalische Ausgestalten und Interpretieren der vielfältigen neuen Literatur mehr Wert gelegt wird.
Die neue Bläsermusik enthält anspruchsvolle Kompositionen, die hohe Anforderungen an den Bläser und Chorleiter stellen. Die Posaunenarbeit ist somit nicht nur Mission, sondern auch zu einer festen Säule der gesamten evangelischen Kirchenmusik geworden.
Das Zusammenwirken von Orgel, Vokalchören und anderen Instrumentalgruppen bietet eine Vielfalt von Musiziermöglichkeiten mit einem Klangkörper besonderer Art.
Zum anderen leisten Posaunenchöre durch ihre Gruppenstruktur und ihre Einsatzfreude einen eigenen Beitrag zum Gemeindeaufbau, denn stärker als in anderen Gemeindekreisen schließen sich Angehörige unterschiedlicher Altersgruppen zusammen.
Bernhard Schneider
Chorleiter